Samstag, 12. März 2016

Ich - Gastbeitrag meiner Tochter


Heute habe ich aus meiner Sicht etwas ganz besonderes.
Meine Tochter hat sich entschieden einen Beitrag zu verfassen, was mich wirklich sehr freut.
In diesem Beitrag setzt sie sich auch durchaus kritisch mit einer Entscheidung auseinander, die wir ursprünglich für sie getroffen hatten.
Bis auf ihren IQ-Wert habe ich nichts zensiert und alles so gelassen, wie sie es geschrieben hat.
Here we go...
Ich
Selbstidentifizierung eines Kindes mit ADHS und Hochbegabung
Hallo erstmal. Ich bin das älteste Kind in der Familie. Ein Mädchen, fast 15 Jahre alt. Ich habe eine Höchstbegabung (das bedeutet, mein IQ ist über XXX [edit by daddy]) und leide unter ADHS. Diese zwei Dinge haben mir sowohl einzeln als auch in Kombination schon einige Schwierigkeiten in der Schule und meinem sozialen Umfeld bereitet. Wenn man anders als die anderen Kinder ist und sich anders verhält, dann beginnt es bereits in der Grundschule, in manchen Fällen auch schon im Kindergarten, mit dem Ausschluss aus der Klassengemeinschaft. An diese Zeit kann ich mich aber nicht mehr so gut erinnern. In dem allgemeinbindenden Gymnasium mit Hochbegabten-Zug machte ich dann meine ersten eigenen Erfahrungen mit Neid und mangelnder Akzeptanz. Der Hochbegabten-Zug wurde aus der Schulgemeinschaft prinzipiell ausgeschlossen. Das Problem bei mir war, dass ich aufgrund dessen, dass ich die einzige Schülerin in der Klasse mit einer Kombination aus Hochbegabung und ADHS war, ich auch aus der Klassengemeinschaft ausgeschlossen wurde und dann am Ende allein war und zu einem Opfer von Mobbing in der Schule und Cybermobbing am Nachmittag wurde. Irgendwann wurde ich dann damit nicht mehr fertig, begann mich zurückzuziehen. Ich sagte kaum noch etwas, versteckte mich in den Pausen auf der Toilette vor den Mobbern, mein Schnitt rutschte auf 3,2. Ich bekam psychosomatische Symptome, hatte eine ernstzunehmende Schulangst. Ich wusste einfach nicht mehr weiter, konnte nicht in die Schule gehen und wollte auch nicht. Es war klar, ich müsse auf eine andere Schule gehen. Also suchten wir ein paar Monate, bis wir auf ein besonderes Internat stießen. Ich hatte eigentlich kein gutes Gefühl bei dem Gedanken, so weit von zu Hause entfernt zu sein, aber die Hoffnung auf Veränderung war größer. Also wechselte ich auf die Schule. Am Anfang lief alles super und ich war dort glücklich, doch in den Sommerferien trennten sich meine Eltern und ich lebte den für meine Psyche und mein persönliches Denken schlimmsten Sommer überhaupt. Ich war zerstört. Auch wenn meine Eltern schnell zu guten Freunden wurden, so war es doch schlimm für mich. Nach einer von Heimweh und nahenden Depressionen gequälten 8. Klasse wurde mir irgendwann klar, wer ich bin. Mir war klar, was ich hatte und das ich damit leben musste. Ich fand endlich raus, wie ich richtig leben konnte. Als meine Eltern mich in der 7. Klasse auf die Schule schickten, sagten sie mir zwei Dinge. Und zwar, dass niemand etwas von meiner Höchstbegabung oder meinem ADHS erfahren durfte. Am Anfang gehorchte ich. Ich wollte nicht, dass mir nochmal etwas wie an meiner alten Schule passierte. Doch jetzt, in der 9. Klasse wurde mir klar, dass diese zwei Dinge ein Teil von mir sind. Also erzählte ich meinen Freunden und allen die danach fragten von meinem ADHS und meinen Begabungen. Ich machte ihnen klar, dass ich kein Mensch war, der mit sowas angab. Und sie akzeptierten mich. Alle. Und ich fühle mich besser und erleichterter, wenn ich durch die Schule gehe, ohne Gedanken daran, was ich erzählen darf und was nicht. Ich habe mir geschworen, nie wieder wegen meinem ADHS oder meiner Begabung zu lügen, denn sie sind heute beide ein Teil von mir und das waren sie schon immer. Mir wurde einfach klar, wenn mich Menschen wegen diesen Sachen nicht mögen würden, warum sollte ich sie dann anlügen, nur damit sie mich mögen/akzeptieren? Ich habe nur noch etwas mit Menschen zu tun, die wissen und akzeptieren wie ich bin und das finde ich gut so! Und vielen Dank an meinen Vater, dass ich einen eigenen Beitrag verfassen durfte.
Als allererstes möchte ich hier zum Ausdruck bringen, wie stolz ich auf meine Tochter bin, dass sie für meinen Blog einen wirklich sinnvollen und durchaus kritischen Beitrag liefert.
Ich glaube dass es die richtige Entscheidung zum richtigen Zeitpunkt war, dass wir ihr stark davon abgeraten haben, anderen von ihren Besonderheiten zu erzählen.
Es war aber ebenso richtig von ihr, zum richtigen Zeitpunkt mit dieser Vorgabe zu brechen, und hier ihren eigenen Weg zu gehen.
Sie war zu diesem Zeitpunkt alt genug das selbst zu entschieden, und die Konsequenzen (egal ob positiv oder negativ) anzunehmen.
Ich glaube, wir als Eltern könnten kaum stolzer auf sie sein, als wir es sind!

Wir wünschen allen noch einen schönen Tag

AHA-Blogger und seine Tochter

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